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Der Tag, der Pforzheim für immer veränderte

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Was vor 76 Jahren geschah

Der 23. Februar 1945 ging als schwarzer Tag in die Geschichte Pforzheims ein: Fast 18.000 Menschen fielen den Bomben zum Opfer, die an diesem Tag gegen Ende des von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkriegs auf die Stadt fielen. Weit mehr als zwei Drittel der Stadt wurden durch den verheerenden Feuersturm zerstört. Die einst so belebte Stadt war innerhalb von knapp einer halben Stunde nicht mehr wiederzuerkennen.

An den Bombenangriff der britischen Streitkräfte wird jährlich erinnert – an Tote, Überlebende und Folgen fürs kollektive Bewusstsein. 2021 jährt sich dieses Ereignis bereits zum 76. Mal. In diesem Jahr ist es ein Rückblick von "Pforzheimer Zeitung" und PZ-news, der vor allem auch die jüngsten Folgen – die einhergehenden Demonstrationen und Proteste – in den Fokus nimmt.
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Klarer Himmel über der Goldstadt

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Wäre das Wetter an diesem 23. Februar 1945 in Pforzheim ein anderes gewesen – es hätte den Angriff auf die Goldstadt vielleicht nicht gegeben. Der Himmel ist aber klar und die Sonne scheint, während über dem Ruhrgebiet und Mitteldeutschland die Wolken hängen. Pforzheim wird also zum Ziel des Hauptangriffs erklärt. Der Tag, nach dem die Stadt nie wieder die Selbe sein wird, beginnt.

Im Zeitstrahl sind die verhängnisvollen Minuten grob skizziert. Dabei wird deutlich: Vom Fliegeralarm um 19.48 Uhr bis zum Ende der Bombardierung um 20.15 Uhr liegen nicht einmal 30 Minuten. In einer knappen halben Stunde wurde die Goldstadt in Schutt und Asche gelegt.

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Deutliche Spuren hatte der Bombenangriff vom 23. Februar auch im Herzen der Goldstadt, am Leopoldplatz, hinterlassen. Im Bild das Gasthaus "Goldner Adler" nach dem Krieg und 76 Jahre später, im Februar 2021.
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Nach dem Krieg

Pforzheim vor 75 Jahren: Es ist der erste Jahrestag des Luftangriffs vom 23. Februar 1945. Ein Jahr ist es her, dass über 360 Flugzeuge der britischen Royal Air Force an jenem Freitagabend innerhalb von einer knappen halben Stunde mehr als 1.300 Tonnen Spreng- und Brandbomben nebst Luftminen über Pforzheim abgeworfen haben. Weite Teile der Stadt wurden zerstört, und in der entfachten Feuerhölle mussten über 17.600 Menschen hier ihr Leben lassen.

Der im Juli 1945 von der US-Militärregierung eingesetzte Oberbürgermeister Friedrich Adolf Katz hielt am 23. Februar 1946 an der Großgrabstätte auf dem Hauptfriedhof bei einer Gedenkfeier eine Ansprache. Tausende von Angehörigen, die das Bombardement und den Feuersturm überlebt hatten, waren gekommen.

Nachfolgend ist ein Video zu sehen, in dem PZ-Chefredakteur Marek Klimanski gemeinsam mit PZ-Redakteuren und PZ-Redaktionsmitgliedern die Rede im Wortlaut wiedergibt:








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Überlebender des Infernos schildert seine Eindrücke

Im Lustspiel „Frauenlist und Liebe“, bekannter als „Der Damenkrieg“ von Eugène Scribe, spielte Curt Müller (rechts) am Pforzheimer Stadttheater neben Hans Meierhöfer.  Archivfoto: Spielplan 1940/1941
Im Lustspiel „Frauenlist und Liebe“, bekannter als „Der Damenkrieg“ von Eugène Scribe, spielte Curt Müller (rechts) am Pforzheimer Stadttheater neben Hans Meierhöfer. Archivfoto: Spielplan 1940/1941
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Er war 1928 ans Theater in Pforzheim gekommen: Curt Müller, ein bald ausgesprochen beliebter Schauspieler, der nach Engagements in Kiel, Memel und Berlin vom damaligen Direktor Max Müller an die Goldstadt-Bühne verpflichtet worden war und für den Pforzheim zur neuen Heimat wurde. Der gebürtige Leipziger (Jahrgang 1893) hat den Luftangriff vom 23. Februar 1945 mit seiner Familie erlebt und überlebt, bei dem ein 20-minütiges Bombardement der Alliierten (ausgeführt durch die britische Royal Air Force) an jenem Freitagabend mehr als 17.000 Tote forderte.

Neun Tage nach dem Inferno schickte Curt Müller seinen Angehörigen und Freunden einen Brief „über die Katastrophe furchtbaren Ausmaßes, die über unsere Stadt hereingebrochen ist“. „Es gibt keine Worte, keine Sprache auf der Welt, um das Ungeheuerliche nur annähernd zu schildern“, hat Müller an „meine Lieben“ am 4. März 1945 festgehalten und angemerkt: „Damit Ihr alle möglichst schnell Nachricht von uns bekommt, mache ich gleich Kopien.“

„Ein einziger Trümmerhaufen“

Müller, wohl auch seine Frau und die Tochter, die an der Calwer Straße wohnten, gingen nach der Warnung „Akute Luftgefahr“ in einen Stollen. Da begann schon das Bombardement. Als er später wieder ins Freie kam, „brannte die ganze Stadt in hellen Flammen, ein einziges Feuermeer“, schrieb er. Zurück an seinem Haus, schlugen ihm die Flammen entgegen.

„Da Löschen nicht mehr in Frage kam, holte ich heraus, was ich konnte, bis der Dachstuhl drohte, zusammenzubrechen.“

Weil sie nicht in der Stadt bleiben konnten, fanden die Müllers bei einer befreundeten Familie in Neuenbürg eine Unterkunft. Curt Müller kam eine Woche später wieder nach Pforzheim, um Gerettetes und Lebensmittel zu holen. „Seit ich die mir vertraute und liebgewordene Stadt gesehen habe, bin ich von Schwermut befallen. Von der Brötzinger Grenze bis zum Gaswerk längs und von der Nordstadt bis zur Oberen Rodstraße steht weder ein Haus noch eine Wand. Die ganze Stadt ist ein einziger Trümmerhaufen, unter dem noch zum großen Teil die Bevölkerung liegt. ( . . .) Während bei anderen Terrorangriffen noch hier und da Häuser stehengeblieben sind, ist bei uns alles zusammengestürzt. ( . . .) Die Zahl der Toten grenzt an das Phantastische und ist unvorstellbar“, heißt es in dem Brief, in dem Müller auch Tote wie Bäcker Lutz mit Familie, Frau Suedes mit den Kindern Renate, Christa und Oma sowie Operettentenor Westphal mit Frau und Schwiegereltern nennt. Zudem die Mitglieder des Billardklubs „mit Ausnahme von Gustav Maier“.

Im Lustspiel „Frauenlist und Liebe“, bekannter als „Der Damenkrieg“ von Eugène Scribe, spielte Curt Müller (rechts) am Pforzheimer Stadttheater neben Hans Meierhöfer.  Archivfoto: Spielplan 1940/1941
Im Lustspiel „Frauenlist und Liebe“, bekannter als „Der Damenkrieg“ von Eugène Scribe, spielte Curt Müller (rechts) am Pforzheimer Stadttheater neben Hans Meierhöfer. Archivfoto: Spielplan 1940/1941
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Wer heute über den Pforzheimer Marktplatz läuft, wird sich kaum vorstellen können, welches Bild sich vor 76 Jahren bot: ein Bild der Zerstörung. Das Herz der Pforzheimer Innenstadt lag in Trümmern. Nicht viel erinnert heute noch an den Marktplatz von damals, vor dem Krieg. Modernere Architektur nahm den Platz ein.
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Das Gedenken und die Demonstrationen

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Seit Jahren ist der 23. Februar nicht mehr nur Tag des Gedenkens an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Für die Pforzheimer Polizei und die zur Unterstützung hinzugezogene Bereitschaftspolizei bedeutet dieser Tag jedes Jahr aufs Neue auch den Ausnahmezustand und ein Großaufgebot von Beamten an verschiedenen Stellen in der Stadt.

Im Bild ist die Gegendemonstration zur rechten Fackel-"Mahnwache" vor dem Pforzheimer Bahnhofsplatz im Jahr 2020 festgehalten.
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Seit den 1990er-Jahren halten die Rechten ihre Fackel-"Mahnwache" auf dem Wartberg ab, zunächst unbeobachtet von Friedensbewegten und Linksautonomen. Seit Jahren muss die Polizei Zusammenstöße der Lager verhindern. Ihren Höhepunkt erreichten die Ausschreitungen im Jahr 2013, als Demonstranten, darunter friedliche Bürger mit Kindern, von der Polizei über Stunden eingekesselt wurden.

Im Zeitstrahl sind die Jahrestage mit besonderen Einsätzen umrissen.

Mehr zum 23. Februar 2013 sehen Sie auf den nächsten Folien: PZ-Reporter Olaf Lorch-Gerstenmaier, der seit über zehn Jahren auf dem Wartberg mittendrin ist, erinnert sich an den Einsatz.

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Unter dem Motto „ 75 Jahre Erinnerung. 75 Jahre Frieden" hatte die Stadt Pforzheim 2020 mit verschiedenen Aktivitäten zum Gedenken des Bombenangriffs auf Pforzheim und aller Opfer aufgerufen. 

Allerdings fanden an diesem 75. Jahrestag – wie in den Jahren zuvor – Demonstrationen und Proteste statt, die wegen des Einsatzes von Feuerwerkskörpern und  Provokationen gegen die Polizeikräfte bei der Fackel-„Mahnwache“ für Schlagzeilen sorgten.

Alle Infos zu diesem Tag gibt es hier: Demo am Wartberg: Polizei gesteht Einsatz von Schlagstöcken
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Es ist eines der beeindruckendsten Denkmäler der Goldstadt: Einst aus dem Trümmerschutt des Zweiten Weltkriegs entstanden, ist der Wallberg in Pforzheim heute – vor allem bei bei gutem Wetter – nicht nur von fast allen Punkten der Stadt aus, sondern auch über die Stadtgrenzen hinaus zu sehen.

Die Erinnerungsstelen, die die Spitze des Wallbergs schmücken, „mahnen zum Frieden und zur Ablehnung des Krieges zur Durchsetzung politischer Ziele", beschreibt es die Stadt. „Sie erinnern auch an die Aufbauleistung nach der totalen Zerstörung der Stadt als Beispiel zur Überwindung der damaligen Krise", heißt es weiter.
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